michelgeschichten

Gesammelte Werke der Seelengeschichten des Prof.Dr.Strampelcheck. Kuckt mal auf meine Fotowebseite unter www.solarphoto.blogspot.com

Dienstag, August 02, 2016

Marokko 2016

Mein-Marokko-Tagebuch
Gedanken während einer 2100Km langen Motorrad Reise durch den Hohen und Mittleren Atlas im Juli 2016
Ich blickte richtung Süden, sah neben mir mein Haus, meine Heimat, das warme Licht, das aus den Fenstern heraus, dort die staubige Szene beleuchtete. Dachte an meine Reise in die Wüste, die mir jetzt bevorstand. An das viele Wasser hinter diesem Berg, das ich bald überqueren müsste, um diesen anderen Kontinent zu erreichen. Afrika, dort wo eine völlig andere Zeit wohnt, eine andere Welt gar, fern unserer Heimat Europa, und doch so nah eigentlich.
Ja, ich fühle mich schon wieder reif für die Wüste, freue mich auf meinen wüsten Trip, auf eine weitere Zeitreise “auf der nackten Rinde unseres Planeten”. Nur ein paar Tage noch, ein allerletztes Mal der gewissenhaften Vorbereitung. Die letzten Kontrollen am Fahrzeug, das mich bald zuverlässig durch all diese wunderbaren Mondlandschaften tragen soll. Ich werde mein kleines Leben bald dieser kleinen Maschine anvertrauen. Doch am Ende kann ich nur mir selbst vertrauen und dem guten Mechaniker in mir. Hatte ich an alles gedacht, oder vielleicht auch nur eine Kleinigkeit vergessen? Wird das Material durchhalten, die Ausrüstung ausreichend sein. 
Jeden Fehler würde ich sehr sehr teuer bezahlen müssen, vielleicht sogar mit meinem Leben. Und doch ist es das kleine bischen Freiheit, das wir uns mit all dem zu ermöglichen versuchen, was uns Menschen immer unseren Antrieb gibt.

Warum sonst, sind wir denn auf den Mond gereist? Wir hatten dort nichts zu suchen! Außer vielleicht dieses Freiheitsgefühl, unsere Erde einmal von einem anderen Planeten aus betrachten zu können. So wie ich immer so gerne unsere ganze verwunschene Zivilisation betrache, aus dieser köstlichen Sicht der zeitlosen Ewigkeit in der Wüste.

Strich – Gedanken – Strich
So ein GBS, oder jede schwere Krankheit, fordert wohl seinen Tribut. Aber er kommt mir meistens gar nicht ins Gewahrsein. Man vergisst es einfach, wie das Altern auch. Du denkst auch nicht daran, dass dir das Altern etwas anhaben kann, und doch....
Erwischt es dich kalt oder heiß, wie in meinem Fall vor jetzt bald schon 4 Jahren. Dieser Wüsten-Motorrad-Trip ist für mich ein weiterer Triumpf meiner Heilung.

Seit langem wiedermal bin ich in der Wüste allein mit mir selbst. Kein Kindergeschrei, keiner mit dem man sich austauschen kann. Die abgrundtiefe Stille hier zieht an meiner Seele, doch sie will sich nicht ganz so leicht von ihr mitreißen lassen. Die Seele zögert angesichts dieser endlosen Weite, die sich von hier aus buchstäblich bis an den Rand des Universums erstreckt.
Es ist die Kombination von der Weite und dem unermesslichen Alter der Wüste, die hier wohl diesen Zauber auf mich ausübt. All diese Steine, diese Berge, diese ganze Landschaft, dieser Planet, dieses riesige All... All dies ist schon unfassbar alt.
Gegen all diese milliarden Jahre, ist unser kleines Menschenleben nur wie ein kurzer Augenblick. Vielleicht wie für uns ein Wimpernschlag.
Und doch ist die Wahrnehmungsfähigkeit als solches etwas wahrlich zeitloses. Etwas was nie angefangen hat, oder jemals beendet wurde; ganz einfach: Weil sie nie -nicht- existierte.
Das Wahrnehmen der Zeit ist endlos, also unendlich, darum außerhalb von Zeit. Denn es ist dieser innere Beobachter, den wir alle ja so gut zu kennen glauben, mit dem Nahmen: Ich.
Er beobachtet die Zeit in uns allen. Nur er fühlt, ob es ihm lange oder kurz erscheint. Und er steht immerzu da im Augenblick des Geschehens, im Jetzt und Hier.
Ja, hier sind wir und werden es immer sein. Die Wahrnehmenden des Lebens. Und das gesamte Leben das uns auf diesem Planeten umgibt ist der Ursprung dieses Bewusstseins in uns. Wir sind Teil dieses großen Lebendigseins. Nur das wirklich besondere an uns ist, dass wir in der Lage sind, eben das ganz bewusst zu spüren.
Wir Menschen sind Erwachte, wenn wir es schaffen im ewigen Jetzt zu verweilen. Einfach bewusst DA sein, egal was es beinhaltet. Es ist das leichteste, natürlichste was in uns allen ist. Da-sein.
Dieser Planet nimmt mit all seinen Lebewesen bewusst wahr.
Das Leben, das einst angefangen hatte auf äußerliche Einflüsse zu reagieren. Es hat sich so weit schon fortentwickelt, jetzt in uns, in unseren schönen Körpern, mit denen wir so besonders gut und schön wahnehmen können. Welch eine perfekte Kreation zum Erleben all dieser ausgeklügelten Sinne! Einer würde schon genügen, Ich will mich in die Diskusion gar nicht einmischen, ob es jetzt 6 oder 7 Sinne in uns gibt.... weil für mich nur zählt, dass es mehr als 3 sind und diese uns schon mit ausreichend vielen Stimmulationen versorgen, dass wir gar nicht mehr nachkommen mit Wahrnehmen. So dass viele Anteile davon schon zwangsweise ausgeblendet werden müssen.
Und eben, hier schließt sich dieser, zugegeben sehr weit gezogene Gedanken-Kreis, bis hin zu dem Tribut eines GBS und dem Vergessen des Alterns. Wir alle altern, sind körperlich ans Zeitliche gebunden, aber vergessen wir nicht nochmal zu erwähnen, im Geistigen sind wir das eben nicht.
Daher rührt wohl unsere tiefste aller Ängste: Bei der Verwechslung von Körper und Geist. Der Geist ist unsterblich weil er exitsiert für immer im zeitlosen Jetzt. Das Ich, um mich zu wiederholen, ist immer schon da.
Nicht so der Körper. Er kommt und vergeht. Doch von ganz oben betrachtet ist auch er nur im ewigen Wandel durch Raum und Zeit. Welche in der geistigen Welt auch so nicht existieren. Dort gibt es keine Zeit und dadurch auch keinen Raum. Raum gibt es nur durch die Zeit und der Materie zusammen. Zeit ohne Materie könnte nichts verändern. Es braucht die Materie um Zeit überhaupt feststelllen zu können. Denn die Materie verändert sich unaufhörlich. Nichts bleibt wie es einmal war. Und genau das definiert die Zeit. Ob sie lang oder kurz ist wird allein nur durch Materie bestimmt. Und wo keine Materie ist, ist auch keine Zeit. Im Geistigen ist keine Materie, also auch keine Zeit. Ist doch logisch, glaub mir es stimmt!
Das Geistige ist zeitlos und damit ewig!
Ließe sich dadurch nicht endlich diese alte Angst dabei ertappen ganz völlig unnötig zu sein!? Die Angst ausgelöscht zu werden, zu vergehen, sein geliebtes heiligs ICH zu verlieren, oh weh! Doch ein ICH verliert man nicht. Wohin sollte es auch gehen? Denn bewieserner Maßen gibt es im Zeitlosen keinen Raum. Also nirgens wohin das ICH hingehen könnte. Das Ich ist und bleibt zeitlos und ist auch ohne Raum. Eigentlich logisch und ganz einfach, oder?
Woher kommen wir, wo gehen wir hin? Aus jedem Augenpaar sieht uns das ewige Sein entgegen. Die leuchtende Blüte des Lebens, gefangen in der Zeit.Aber doch immer zeitlos verbunden durch unsere liebenden Herzen. In der ewige Glut und Freudenfeuer lodern. An das Leben, das einzige das uns geschenkt. Behutsam, kostbar gar,denn unser aller Tage sind gezählt,, angefüllt mit ewigem Sein.


Liebes-Augen-Blicke
Ein kleiner Buss hält in der Nähe und spuckt eine kleine Familie aus. Oh welch süßes Kindergeschrei, das macht mich richtig süchtig! Ich will eigentlich hingehen, die Leute sehen, mal wieder in andere Augen blicken, mit ihnen zusammen sein. Es ist die Liebe, die uns zusammenführt. Die Liebe zum Geschöpf, zur Kreatur. Wie auch die Liebe zur Kunst, die wir vielleicht gut kennen.
Auch die Liebe haben wir alle gemeinsam. Weil sie in uns allen ist.
Und was ist noch in uns allen?
Richtig! Das ICH
Währe es nicht naheliegend sich dann mal zu fragen, was das ICH und die Liebe vielleicht gemeinsam haben? Allein schon deswegen, da wir sie ja alle gemeinsam in uns haben!
Jeder der liebt, oder einmal geliebt hat, weiß dass auch die Liebe etwas zeitloses ist. Auch sie ist ewig. Und sie ist in ausnahmslos jedem von uns.
Wir lieben mal das eine oder das andere, oder auch nur uns selbst. Aber es liebt für immer nur im Hier und Jetzt. Darum ist die Liebe auch genauso wie das ICH für immer da.
Je genauer wir die Liebe und das ICH einmal betrachten, desto mehr stellt sich heraus, dass wir hier ein und die selbe Sache nur von zwei Seiten her betrachten. Die Liebe und das ICH sind im Grunde eins. Weil allein schon dort wo sie existieren, ist gar keine Distanz möglich!
So wie für uns Menschen ein Berg genau da bleibt wo er ist. Wir können ihn von verschiedenen Seiten betrachten, und er mag immer unterschiedlich aussehen, doch er bleibt immer ein und der selbe Berg. So ist auch unser Leben wie eine Bergwanderung: Vielfältig, verspielt, anstrengend, aussichtsreich, verführerisch, mitunter gefährlich und irgendwann vielleicht auch mal tödlich. Aber wir alle bleiben immer bei diesem Berg.
Und der Berg sind wir! Das ICH in uns und die Liebe. Das ewige Sein in uns.

Ohne die Liebe würde nichts zusammengeführt werden. Ohne die Liebe wäre auch kein Leben entstanden. Die Liebe ist die Kraft, die alles zum Besseren hin führt, zur Weiterentwicklung, oder wenigstens zur Wiederholung. Die Liebe macht immer dass es weiter geht. Ohne die Liebe kämen wir nirgendwo hin. Auch das Leben würde nicht weitergehen. Und mit ihr würde auch das Wahrnehmende aussterben. Also ist die Kraft, die hinter all dem Leben steckt, die Liebe selbst. Wir sind also das Leben. Unser Ich ist das Leben, unsere Liebe ist das Leben.
Liebe – Leben – ICH ---- alles ein Ding!
Ist doch wirklich nicht so schwer oder?

Wer ist nicht gerne auf diesem Planeten? Hier gibt es solch ein Vielfalt, dass wir garantiert auch etwas zum Lieben finden können. Und sei es, dass wir nur unsere Ruhe suchen. Wir suchen, wir finden, egal was immer es auch sein mag. Wir sind entweder in freudiger Erwartung, oder im erfülltem Glück des Besitzens. Oder wir leiden an Mangel und beginnen erneut eine Suche. Die Liebe ist spielerisch, sie probiert alles aus, sie will das eine und das andere gleichzeitig sein. Genau darum versucht die Liebe alle Dinge zu verbinden. Vielleicht ist das die wahre Antwort auf das WIE aller Dinge.
Ich z.B. Liebe es Dinge zu bauen, seien es Häuser oder Maschinen. Ich liebe es mich in mein Auto oder auf mein Motorrad zu setzen, oder in meinem Haus im Winter den Ofen anzumachen. Ich liebe alle, die mir nahestehen und ich fühle mich als Teil eines größeren Ganzen, in dem jeder seinen Platz findet.



Jammerstunde
Eigentlich bin ich jetzt schon total kaputt. Natürlich auch von vielen Fahren. Gestern 250Km mit viel Sonne und Hitze (bis zu 43 Grad) und einer sehr anspruchsvollen Strecke. Ich laufe viel zu wenig wegen all dieser Strapazen. Alles ist Mega einseitig. Tagsüber auf dem Sattel sich den Arsch halb taub sitzen. Wie gut dass ich ein wahrer Profi darin bin Sitzschmerzen zu ertragen.
Und Nachts dann lange liegen, wegen dem hellen abnehmenden Mond oft auch wach werden und alle 4 Schlaf-Himmels-Richtungen (Rücken, Seite, Bauch, andere Seite) jeweils bis zur Schmerzgrenze durchgelegen... Teilweise morgens sehr kalt (heute 14 Grad!).
Jedenfalls die Glieder schmerzen. Ich fühl mich wie etwa 10 Jahre (vieleicht) älter als sonst. Vermisse es sehr angenehm und bequem sitzen zu können. Bastel mir notdürftige Sofas mit der Isomatte und diversen Kleidungsstücken, doch ein wirklicher Ersatz für das zerfetzte rote Prachtstück Zuhause ist es leider doch nie. Beuemlichkeit wird mir hier zu einem echten Bedürfnis. Alle Begegnung mit der Welt erscheint mir so hart und spitz und schmerzvoll. Nur das Wasser ist einem noch gnädig, es umschmiegt nach wie vor weich und erfrischend meine müden tauben Glieder. Aber sie gehen noch.
Auch die Augen, die beim lesen mittlerweile schon recht schnell an ihre Leistungsgrenze kommen, sind gerade noch gut genug für mein Unterfangen. So viele Schlaglöcher, Sandfallen, Schottergräben und abgerissene Straßenkanten. Dazu das wilde manchmal unerklärliche Verhalten, und nach exotischen Reglen handelnder, afrikanischen Verkehrsteilnehmer.
Selbst die Finger der linken Hand schmerzen schon vom vielen Kuppeln.
Ja ich jammer mich gern mal aus, ich weiß. Ich finde es aber auch mal schön zu jammern. Es tut mir gut. Es tut meiner Seele einen Gefallen. Es ist der jaulende Wolfs-Schrei, der das große Leid in der Welt hinausschreit. Ist es denn nicht auch irgendwie anrührend?
Für mich trägt das Leid der Welt einen Rucksack auf seinem Rücken, den man meist zuerst nicht sieht. Dieser ist angefüllt mit Barmherzigkeit, auch mit Glück und Herzensfreude, mit angenommen sein, Einssein, oder “einfach Zuhause”. (Wie es Annika für sich immer so schön formuliert).
Oh welch ein Glück auch meine liebe Familie. Diese Keimzelle des Lebens. Jetzt ein Teil auch von mir und meinem Leben. Ich hab mich noch nie so geborgen gefühlt wie in meiner Familie damals als kleiner Junge und jetzt auch als Vater. Und ich bin ein alter Vater, nach allem was mir widerfuhr. Doch noch gehe ich an meine Grenzen, ich dehne sie noch mit viel Eifer immer weiter aus. Auch wenn der Aufwand jedes Mal mehr wird um das halten zu können was man hatte. Es wird einem aber trotzdem alles verloren gehen.... Oh, hatte ich nicht doch vorhin schon aufgehört zu jammern?



Sonne, Wind und Wärme
Die Sonne rückt immer höher und mir damit immer näher, meine Schattenzeit an diesem Ort wird schon knapp. Bald werde ich mich wieder auf den Sattel meines “Burro con Ruedas” setzen und den neuen Abendteuern des Tages entgegen rauschen. Unterwegs sein, ein sehr wohlbekannter Luxus aus meinen früheren Tagen. Immer wieder genial und so schön. Der rote Motor unter mir, der mir schon wie zu einem eigenen Muskel wurde, ein ziehen am Gaszug und vorwärts gehts. Weiter und weiter, mühelos und rasant schnell. So schnell dass der Wind fast wie durch einen hindurch bläst. Eine Luftdusche die erquickt, und mit der ich selbst 35 Grad noch als kühl empfinden kann.
Sie wird erst bei 40 Grad wie zu den heißen Quellen, oder wie zur Badewanne (die letztere noch nicht kennen).
Bei 45 Grad dann, und teilweise sicher auch mehr, wenn sich Warmluft in einer Ecke angestaut hat, und zusammen mit der brütend heißen Sonne, wird es wie in einer Sauna, bei der so ein übereifriger Idiot schon wieder zu viel Wasser aufgegossen hat, und man nach Luft ringend nur noch darauf wartet, bis alles endlich wieder erträglicher wird. Doch Gottseidank sind es immer nur wenige Stunden am Tag an denen es gelegentlich so heiß ist.


Ein Unwetter
Der Anblick des großen runden Sees kam so überraschend hinter einer Kurve. Sein Wasser ist unfassbar türkisblau und er starrt wie ein großes rundes Auge in den Himmel, in dem es sich ein paar weiße Wolken bequem gemacht hatten. Das Wasser war nicht einmal kalt, und ich badete gleich zwei mal hintereinander, was meinem Körper sehr sehr gut tat. In den nahen Bergen weiter südlich grollte ferner Donner. Das Gewitter kam aber immer näher und schon bald fielen die ersten Tropfen vom nun schon unheilvoll finsterem Himmel. Ich tat mit Begeisterung, was ich mir für meine Wüsten-Tour niemals ausgemalt hätte, einen Regenspaziergang. Doch aus Spass wurde bald schon Ernst, denn es goss plötzlich heftig wie aus Kannen. Die neue Regenjacke bekam ihr erste Taufe und ich beschloss so schnell es ging das Motorrad hoch zur Straße zu bringen und mich in einem dieser Rohrbrücken zu verkriechen bis es aufgehört hätte. Doch es hörte nicht auf. Ich fand mich bald völlig durchnäßt und zitternd vor Kälte in einer engen Betonröhre kauernd, durch die auch noch ein eisig kalter Wind pfiff. Zu allem Überfluss kamen jetzt von zwei Seiten auch schon kleine Bäche angerauscht, die zwei der drei Röhren der Brücke in Beschlag nahmen. Auf das Schlimmste gefasst versuchte ich, in einer kurzen Regenpause, mit Steinen und Sand einen mickerigen Wall zu errichten, der mich die letzte noch trockene Röhre vielleicht noch etwas länger behalten lassen würde. Denn es sah nicht so aus, als wolle es heute noch aufhören zu regnen, etwas was ich sonst eigentlich nur aus Deutschland her kenne. Also machte ich mich mit dem Gedanken vertraut die Nacht in dieser Röhre zu verbringen. Oben auf der Brücke tronte mein Motorrad, dem Wind und Regen ausgesetzt. Aber ich verkroch mich unten in die noch trockene Röhre, wenn auch der eisig kalte Wind mit nur 15 Grad mir dort sehr zu schaffen machte. Ich zog einfach alles an, was ich mitgenomen hatte, schlüpfte in meinen Schlafsack, und fing an genau das hier aufzuschreiben, in der Hoffnung auf besseres Wetter und Wärme, vor der ich mich zu beginn meiner Reise noch so gefürchtet hatte. Abends um 7 kam dann doch noch in wenig die Sonne zum Vorschein. Was mich gleich ermutigt hatte, die 18 Km ins nächste Dorf zu wagen und mich nach einem Hotelzimmer umzusehen.
Ich hab in dieser Nacht sehr Warm und weich geschlafen, morgens richtig heiß geduscht und bin gut präpariert in den nächsten Tag, an dem auch schon wieder die Sonne lachte.



Ein Paradies im Patriarchat
Was ist das für ein Land, in dem kein schlechtes Wort über den König gesprochen werden darf. Es ist tatsächlich strickt verboten. Der König ist hier der Boss und alle akzeptieren das wortlos. Doch vielleicht existiert auch hier im Untergrund eine systemkritische Szene. Wer weiß, man sieht jedenfalls nur die alles verherrlichende Werbung für den König.
Dazu muss man sich vorstellen, dass Frauen hier leider immernoch als minderwertig gelten. Sie haben hier im gesellschaftlichen Leben eigentlich nix zu suchen. Alles Geschäftliche, Lokale, Autofahren und Entscheidungs-Einrichtungen inkl. der Polizei sind fast ausnahmslos männlich. Nur an der Landesgrenze sah ich ganz erstaunt weibliche Beamte in Uniform, die aber scheinbar nichts anderes zu tun hatten, als sich dort selbst zur Schau zu stellen und dementsprechend wichtig und respektvoll auszusehen.
Nur die Berber scheinen ihren Frauen die Zügel etwas lockerer lassen zu können. Hier sehen die Frauen auch wirklich so schön und schlank aus, dass mann sie wirklich nicht verstecken muss. Hier blickt man oft in unverschleierte Gesichter und hin und wieder sieht man sogar eine Frau in Jeanshosen. Offene Haare leider aber nie.

In Ilmichil und in den langen verspielten Tälern des hohen Atlas scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Es wurde gerade die Getreideernte eingebracht. Alle waren hier am mithelfen. Alles musste sehr schnell gehen, denn ein weiter Gewitterregen drohte. Überall Esel dick bepackt, Frauen und Mädchen auf den Feldern beim ernten. Die Jungs beladen die Esel und die Männer bringen es dann nach Hause zum trocknen und dreschen. Einträchtig und in Harmonie geht hier das Leben noch vonstatten. Es wirkt paradiesisch und wie noch aus einer anderen Zeit, als die Welt noch unschuldig und gut war, wenn sie das jemals gewesen ist.


Im Cafe
Heute wurde ich von einer schwarzen Wolke gejagt. Sie zog mir vorraus oder hinterher auf meinem Weg nach Osten durch den Hohen Atlas. Fuhr ich zu langsam, fing es gleich an zu tröpfeln, fuhr ich zu schnell pratzte mir wieder die Sonne auf die Haut. Jedesmal wenn ich pausierte, für ein Foto, einen Snack oder einen Schluck Wasser, holte mich diee Wolke wieder ein und trieb mich schnell weiter mit ihren bösen kühlen Winden eines nahenden Gewitters. Etwa um 4 wurde ich dann von weiteren Gewittern auch von vorne her eingekreist und ich ließ mich entmutigt in einem Straßencafe zu einem Tee überreden. Die Zeit war mir gnädig, denn die Gewitter verschwanden nach ein er Weile einfach, genau wie sie gekommen waren.

Das Motorradfahren ist eine schlimme Sucht. Die ganze Fahrt war unbeschreiblich schön. Ich war sehr oft einfach 100% im Glück, fand mich so völlig mühelos von einer atemberaubenden schönen Ecke zur Nächsten rollen. Und es konnte für mich mal wieder nichts schöneres auf Erden geben.
Ja, selten sind sie manchmal diese absoluten Glücksgefühle. Doch sie geben einem Nahrung für nicht ganz so gute Zeiten. Heute jedenfalls hatte ich alles abgesahnt. Es gab hier genug Wüste und Weite zum verschwenden. Die pure Schönheit der Natur im Übermaß. Diese ewig verspielten Flusstäler in denen Wasser die Landschaft verzaubert und zu einem Garten-Eden verwandelt. Gesegnet die, die hier leben und einfach von Mutter Natur ernährt werden.

Das Cafe war ein Glücksgriff. Der Ort ein Umsteige und Umschlagsplatz wie aus dem Bilderbuch. Ständig haltende alte Fahrzeuge, mit etwa 10 hineingestopften Fahrgästen, die sich dann direkt vor dem Cafe an einem öffentlichem Wasserfass gütlich taten. Familien mit Kindern und Koffern geduldig am warten, bis der richtige Merzedes-Bus kommt. Zwischendurch wieder Stille, nur die ewig herumlungernden Beobachter, die in Gepräche vertieft oder stumm herumsaßen. Der Nieselregen hörte auf und ich werde versuchen weiter zu kommen, die wärmende Tasse “Whisky de Maroc”, dem berühmten Pfefferminztee des Landes, tat mir wohl im Bauch. Oder sollte man besser dazu sagen: Diese endlos süße Zuckergrütze mit Teegeschmack !?


Die Einsamkeit einer Ebene

Der Geist des Menschen hatte den Himmel als Dach und die Erde als Boden,
und nichts hatte einen Namen. Es gab weder Tag noch Zeit, es gab kein Ende und kein Anfang,
aber alles war pure Intensität.
Der Geist des Menschen war das Haus der Welt, und alle Dinge waren seine Freunde.
Jedes Geschöpf lebte in diesem Haus, alle Wesen waren ein einziges Leben.

Als der Mensch das Worte entdeckte sagte er: Du bist Erde und du bist Wasser, du bist Feuer und du bist Luft, und er gewann damit Macht über Dinge und wurde im Laufe der Zeit von ihnen getrennt
Die Dinge in der Welt gingen immer weiter fort von ihm, bis er ganz mit Nostalgie angefüllt war.
Und damit kam er dazu zu verstehen, dass Worte nur Schatten sind. Eine Aufführung von Schatten in seinem Verstand.
                                      (Aus einem schönen Film auf Youtube)

Unsere Ebene bei Rich, die uns als Familie schon so ans Herz gewachsen war. Sie empfing mich heute mit den letzten schwachen Sonnenstrahlen dieses ereignisreichen Tages und mit einem samtig warmen Sahara-Wind tief aus dem heißen Süden. Ich riss mir die Kleider vom Leib um diesen Schirokko überall an meinen Körper heranzulassen. Noch in der Dämmerung lag ich noch fast nackt auf meiner Matte, genoß diese zährtliche Berührung.
Und am nächsten Tag, hier mitten in der Einsamkeit, bei einem Spaziergang zur 4Km entfernten Wasserstelle, kam da ein einheimischer Fahrradfahrer, der mich auf französisch fragte ob´s gut geht? Ja, alles klar, alles bestens, Danke....
Und weg war er auch schon wieder.
Selbst hier bist du nicht wirklich allein, wenn du mal Hilfe brauchst. Doch die Sonne peitscht, die Temperaturen klettern jede halbe Stunde um ein Grad weiter hoch. Noch gibt es ein paar Schattenplätze, aber bald nur noch unter meinem Segeltuch. Es trieb mich weiter, ich brauchte dringend Fahrtwind, und beschloss eine Piste quer durch die Ebene auszuprobieren.


Ich war fast ein wenig entrüstet, denn man hat hier selbst in der abegelegensten Mondlanschaft volles Brett Empfang mit 3G Internet. Das wirklich tolle an diesen Smartphones mit Whatsapp ist, dass es wie zu einer Familie für dich werden kann. Es piepst und quiekt und ständig will es etwas Aufmerksamkeit von dir. Es ist immer dieser Ruck von Außen der uns ständig stimmuliert und welcher auch das besondere an einer Familie ausmacht, nach dem man übrigens schrecklich süchtig werden kann.

Doch eine weiter Sucht wurde mir auch mein Wüsten-Esel (Desert-Donkey) abgekürtzt einfach: De-Do, Dedo wie der Finger, weil er mir schon wie zu einem eigenen Körperteil wurde. Mein Dedo brät da unten in der Sonne, dahinter ebenes endlos weites Land umrahmt von kahlen, schroffen Bergen. Wie eine Mondlandschaft.

Nach 45Km Piste, musste aufgeben der Weg wurde einfach immer schlechter und es war erst die Hälfte bis zu einer anderen Teerstraße. Also alles lieber wieder zurück damit der Dedo nix schlimmes abbekommt und mal die heißen Quellen in der Nähe ausgecheckt. Wow! 46 Grad, du kriegst die Füße keine Minute da hinein. Es beißt und die Haut wird sofort rot. Unfassbar wie sich da nur die Leute einfach reinlegen können. Sie sind wirklich hart gesotten, die Marokkaner, was Hitze angeht.


Der Schirokko bläst die heiße Saharaluft noch immer hoch in die Berge (1400m). Eine Gewitterfront verdeckt nun wieder die glühend heißen Sonne. Donnergrollen rumpelt durch die Stille. Ein paar eher symbolische Regentropfen schaffen es den Boden zu erreichen, bevor sie auch dort gleich wieder verdampfen. Doch bei einem heißen Wind verfliegt sogar meine alte Angst klatschnass zu werden im Regen. Im Gegenteil, die ganze Seele sehnt sich hier nach einer Abkühlung.
Das Gewitter schlägt nun dem Schirokko ins heiße Gesicht. Mächtige Winde schleudern verirrte Regentropfen kilometerweit, die Spannung in der Luft steigt. Wird sie sich hier entladen, oder nur weiterziehen?


Die Stille und der Tod
Ich mag Musik bei der man noch die Stille dazwischen hören kann. Es gibt sie, die Musik aus der Stille, die wie aus dem Nichts heraus zu uns sprechen kann. So wie auch unsere Gefühle (ja, unser ganzes Sein) scheinbar immer aus einem Nichts in uns auftaucht, plötzlich einfach Da ist.
Bewusstsein- das wohl unerforschste und am Ende das unerforschbare schlechthin. Es ist für mich kein bischen weniger faszinierend als der Tod. Aber wieso muss immer der Tod als das Gegenteil vom Leben herhalten? Denn der Tod ist eher wie die Stille hinter der Musik, ohne sie könnte es gar keine Musik geben.
Der Tod ist viel mehr als nur das Gegenteil des Lebens. Das Leben ist so klein und vergänglich und zerbrechlich gegen das Nichts, gegen das “Alles” vor unseren Nasen, das sich immer bis hin zur Unendlichkeit erstreckt. Die Stille ist vielleicht ein Abbild der Unendlichkeit, ...wie sein Bruder womöglich.
Und die Musik so zahrt und leise, wie das Leben. Das Ameisengleich sich überall in den Ritzen und Hautfalten der Landschaft eingenistet hat. Dort wo das Wasser seine Magie betreibt, alles in Grün verwandelt. Die Farbe des Lebens ist frisches Grün. Der beginn alles Lebens, und dessen Bedingung. Ohne Pflanzen könnten wohl keine solchen Lebewesen wie wir überleben.
Es gibt erstaunlich viele Tiere auch hier in der Wüste: Ameisen, Fliegen, Elstern, Störche und Raben, Esel, Hunde, Katzen und auch ganz viele dieser nackten Zweibeiner, die sich immer selbstgemachte Tücher um ihren Leib wickeln müssen. Merkwürdige Wesen, die sich rollende Sofazimmer und maschinelle Pferde erbaut haben, und die sich gerne wabengleich in großen Ansammlungen von Mörtelburgen verstecken. Und was wir noch alles tun! Wir Menschen sind sicherlich die merkwürdigste Kreatur, die je auf diesem Planeten existiert hat. Zu was unsere Gehirne alles fähig sind liegt weit jenseits aller Vorstellungskraft. Allein nur das Internet!
Ich hab hier die aktuellen Wetterdaten von egal wo auf diesem Planeten. Ich schicke Bilder und Worte zu meiner Familie, die 3000Km weit weg sind, und das innerhalb von Sekunden!
Ich meine, was tun wir hier? Da beneide ich oft den Bauern oder Hirten von hier, der noch genau weiß was er tut und warum er es tut. Denn wir Europäher sind schon so losgelöst von diesen Wurzeln. Wir haben ja ach so viele Möglichkeiten, und manche von uns auch den Luxus der Zeit, diese genüßlich auszuprobieren. So wie ich mit meiner tollen Maschine, und dem passendem Reisepass, auch noch mit genügend Geld dazu.... Ich komme hier her, stecke meine kleine handliche Plastik-Karte in einen Schlitz und bekomme ganz locker 1000Diram (umgerechnet ca 95 Euro) ausgespuckt, das Jahreseinkommen einer armen Nomadin vielleicht, das für meine zwei Wochen hier gerade mal so ausreicht. Ich habe dazu noch ein absolut makelloses Fahrzeug, dass mich ohne eine Mucke diese ganzen 2100Km durch Afrika gebracht hat.

Ja, ich liebe treue Maschinen. Sie sind für mich wie gute Freunde, auf die man sich verlassen kann. Mit denen man viel Spass erleben kann, und denen man gerne mal geduldig zuhört oder ihnen hilft, wenn es ihnen mal nicht so gut geht. Für gute Freunde tut man alles...

Aber wir waren beim Tod. Der Tod ist so viel größer wie das Leben. Das Leben ist so selten wie richtig gute Musik. Das Leben ist das besondere hier, das kostbartste dieses Planeten. Wir sollten es noch viel mehr lieben und achten in jeder Form es uns entgegentritt. Das Bewusstsein schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier und erwacht im Menschen.


Gestern ein weiterer Gewitterritt. Nach einer Sackgasse durch einen Kartenfehler bei Gourama kam ich pünktlich zur Gewitterstunde am Nachmittag an den letzten Pass des Hohen Atlas an. Kalter stechender Regen und ein gefährlich böiger Seitenwind peitschten mich immer weiter durch die Gewitterfront. Zunächst sah es dahinter in der großen Ebene hinter Midelt viel friedlicher aus. Doch auch dort sah ich mich nach weiteren 50Km direkt vor einer schwarzen, blitzenden, unheimlichen Wolkenwand.
Ich konnte meist zwei oder drei Wolkenbrüche gleichzeitig sehen. Mein Weg nach Norden führte mich glücklicher Weise immer genau zwischen zwei dieser schwarzen Regenschwaden hindurch. Manchmal versuchte ich durch beschleunigen oder verlangsamen meiner Fahrt, den eisigen Regentropfen, die bei 80Km/h wie kleine Nadelsticke auf mich niederprasselten, zu entkommen. Es gelang mir nicht immer. Manchmal waren die Wolken einfach schneller wie ich, und einige Blitze zuckten in meiner unmittelbaren Umgebung zu Boden. Blanke Urangst ergriff mich dabei, doch hatte ich eine Wahl? Ich musste einfach schneller sein als das Gewitter, sonst würde es mich bis auf die Knochen durchnässen und die Weiterfahrt für viele Stunden unmöglich machen. Also fuhr ich beständig in dieser turbulenten Kaltfront dieser Monsterwolke, in der heftige Stürme, Blitze und Regenschauer sich miteinander abwechselten.
Doch ich, der tapfere auf meinem treuen Pferd peitschten ebenso dahin, und entkamen dem Unglück meist immer nur um Haaresbreite.
Das letzte Unwetter dann, das wie aus dem Nichts plötzlich über mir losbrach, erwischte mich dann beinahe doch noch. Nur der heftige Schirokko-Südwind rettete mich dieses Mal und der Regen fiel knapp woanders hin ein paar Hügel weiter. Und wie zur Belohnung schenkte mir die Sonne dann noch einen schönen Regenbogen und ein wunderbares Abendrot zum Abschluss dieses anstrendenden Tages. Ich schaffte 384Km an diesem Tag. Ich schlief tief und fest in der sternenklaren und windstillen Nacht, und der nächste Morgen war wieder so friedlich, als wäre nie etwas schlimmes gewesen.


Swann mein Nachbar wird mich vielleicht als Einzigster wirklich verstehen. Denn auch er lebte seine Motorrad-Leidenschaft mit dem lustigen Motto aus: “Jeder Schritt muss gefahren werden”.
Nun, was mein Laufpensum betrifft bin ich derbe im Rückstand. Ja ich sehe schon Martin vor mir, und ich liebe diesen Gesundheits-Engel, der er für mich geworden ist. Wo käme ich hin ohne ihn! So wenig gelaufen wie in den letzten Tagen bin ich schon lange nicht mehr. Ich bin nur auf der Karre geritten bis mir der Arsch wund wurde. Drum hab ich ihn heute eingesalbt und ne frische Unterhose angezogen. Wurde auch mal Zeit. Aber Mopedfahren Swann, ist einfach sowas von geil! Und das dann auch noch in diesen wunderschönen weiten Landschaften dort in Afrika.