Mein Fallschirmsprung
Die
Idee dazu bekam ich von diesem wirklich reizenden Foto das mir eine
Freundin aus Berlin von sich geschickt hatte. Ich fragte sie, was sie
denn da gemacht hatte, und keine fünf Minuten später suchte ich
schon spontan in Netz nach Anbietern rund um Berlin. Der Preis war
schockierend. Doch ich dachte mir: Sowas tut man vermutlich nur
einmal im Leben, aber diese spannende Erinnerung bleibt einem jedoch
fürs ganze Leben erhalten. Sogesehen ist der Preis schon in Ordnung.
Ich schaute mir einige Videos darüber an, und nach einigem Hin und
Her buchte ich dann einfach. Ich konnte es selber eigentlich kaum
glauben. Und allein die Vorfreude und das Adrenalin, das ich ab nun
jedes Mal nur bei dem Gedanken daran bekam, war ja schon mal einiges
Wert. Außerdem brauchte ich auch noch ein leckers Bonbon, um mir
meine Zeit in Deutschland etwas versüßen zu können.
Meine
Reise und die Tage davor verliefen so turbulent, dass ich leider kaum
noch daran denken konnte. Doch ich wunderte mich schon auch ein
wenig, dass sich irgendwie gar keine große Aufregung dazu einstellen
wollte. Selbst am Tag meines Sprungs, als ich meine definitive
Teilnahme zwei Stunden zuvor nochmal telefonisch bestätigen musste,
fehlte mir fast schon ein wenig diese Angst, die ich eigentlich dabei
erwartet hatte. Sie kam einfach nicht!
Auch
nicht, als wir dann an diesem netten kleinen Sport-Flughafen
eintrafen, und wir die ersten Fallschirmspringer mit ihren bunten
Schirmchen vom Himmel fallen sahen.... Auch nicht, als mir Wolf mein
netter Flugbegleiter den genauen Ablauf erklärte und ich mir den
schicken Overall und das Gurtzeugs anzog....
Ja,
nicht mal, als wir uns mit 18 recht wild aussehenden
Fallschirm-Piloten in dieses kleine (aber 1000PS starke) Flugzeug
hineinquetschten. Es gab drinnen keine Sitze, wir saßen einfach alle
auf dem Boden, und die große Öffnung an der Seite mit dem Rolltor,
wurde erst auf dem Rollfeld während des Beschleunigens zugezogen.
Die Maschine hob sehr schnell ab und flog recht steil in den Himmel
hinauf. Ich genoß es wie immer sehr die Welt an diesem wolkenlosen
und strahlend blauen Sommertag von Oben zu betrachten. Sah mir die
Gesichter der anderen Fallschirm-Piloten an, die alle auch keinerlei
Anzeichen von Angst zeigten. Die Stimmung in der Maschine war freudig
erregt und kameradschaftlich. Sie tauschten sich wegen des
Motorenlärms mit diversen Handzeichen aus, die wohl “Alles Ok”
oder “viel Glück” bedeuteten.
Auf
1200m hielt das Flugzeug kurz an. Ein Wing-Suit-Schüler machte hier
seinen allerersten Solo-Sprung, mit nur ganz wenigen Sekunden des
freien Falls. Das Rolltor wurde hochgzogen und ein kühler Schwall
Luft ströhmte durch die Kabine. Wie wenn man auf der Autobahn kurz
alle Fenster öffnet. Der Mann stand in der Hocke vor der Türe und
zögerte nur kurz, als er sich mutig aus dem Flugzeug in die Tiefe
stürzte. Aus dem Seitenfenster sah ich, dass er noch kurz zurück
zur Maschine hoch blickte, als er unter uns in der Leere verschwand.
Der
Flug ging nun weiter, das Rolltor wurde wieder geschlossen und der
starke Motor brauste erneut auf, Wir stiegen in nur 10 Minuten auf
unsere Absprunghöhe auf 4000m. Die Landschaft war so klein unter
uns, und so weit weg. Hier oben waren wir dem tief dunkelblauen
Himmel schon viel näher, als dem blassen Boden unter uns. Die Sonne
tauchte hier alles in ihr helles gleißendes Höhenlicht. Die ganze
Mannschaft verließ das Flugzeug binnen weniger Sekunden. Sie
purzelten einfach aus der großen Klappe und binnen einer Sekunde
waren sie schon nicht mehr zu sehen.
Vor
uns saß noch ein weiteres Tandem-Team, das jetzt den Weg zur offenen
Luke antrat. Sie saßen dann dort, fest aneinandergegurtet, noch
einige Sekunden, die Beine aus der Türe heraus hängend, bis auch
diese beiden in der Tiefe verschwanden.
Ein
letzter Check: Schutzbrille fest, Mütze auf, Gurte fest..... alles
war bereit. Ich
fühlte mich sicher und richtig fest mit meinem Piloten zusammen
verschnürt. Doch ich hatte das Gefühl das mir hier noch etwas sehr
wichtiges fehlte. Es war aber nicht die Reißleine zum öffnen des
Rettungs-Fallschirms, oder das letzte Stoß-Gebet zum Schöpfer,
nein.... es war meine Angst, die sich auch jetzt partu nicht bei mir
einstellen wollte! Bereitwillig zum Sprung bewegte sich nun mein
gefesselter Körper zusammen mit meinem Tandem-Piloten richtung Ausgang. Die
kühle frische Luft hier oben war köstlich und sehr erquickend. Auch
wir saßen ein paar Sekunden noch an der Flugzeug-Kante, bis mich ein
kräftiger Ruck von Hinten hinaus in die offene Weite vor uns
katapultierte.
Das
erste Gefühl war: Hilfe wir fallen. Es
gab einfach nirgendwo ein Halten mehr.
Dann trudelten wir schnell ein
wenig kopfüber und seitlich hin und her, was für meinen
Orientierungs-Sinn und mein dann doch etwas erschrockenes Herz
zunächst ein gutes Stückchen Arbeit war. Wo war oben und unten? Alles vermischte sich mit dem ohrenbetäubenden Sausen in meinen Ohren. Nach
der eingepferchten Enge im Flugzeug umgab mich hier nun eine
unfassbar große und schier grenzenlose Weite. Es war irgendwie fast
wie eine Geburt und wie Sterben zugleich.
Doch
die erste innere Panik beruhigte sich ganz schnell wieder, als sich
unsere Flugposition nach ein paar Sekunden stabilisierte und wir auf
dem Bauch in der Luft liegend zusammen durch die tosende Luft
sausten. Das
Freiheitsgefühl dabei ist wirklich unbeschreiblich.
Ich war hier ja nicht allein, ich spürte Wolf meinen Piloten
direkt hinter mir, der mir nun auf die Schulter klopfte und mir damit das
Zeichen gab, dass ich meine Hände vom Gurtzeugs loslassen
konnte. Ich ließ nun die frische Lufthülle unserer Erde wie feinen
Sand durch meine Finger gleiten. Probierte mal den Mund auf zu
machen, doch der trocknete ganz schnell dabei aus. Ich schaute nach oben um zu sehen ob ich unser Flugzeug noch
sehen könnte. Doch es war schon ganz ganz klein geworden und flog ganz weit
irgendwo da oben in der blauen Weite.
Ich
blickte herum und suchte an diesem Tag leider vergeblich nach ein
paar Wolken, an denen ich irgendwie unsere Fallgeschwindigkeit von
ca. 200 Sachen hätte erkennen können. Der Boden war noch viel zu
weit entfernt, als das man ihn hätte schnell näherkommen sehen
können. Wir flogen hier einfach zusammen durch die Luft, wie ein
dicker schwerer Vogel in einem ohrenbetäubenden Sturm.
Mein
Herz beruhigte sich nun für mich ganz deutlich spürbar
und
schlug wieder sehr langsam. Die erste
Panik, die durch das in die Tiefe fallen in mir ausgelöst wurde, zentrierte sich
nun wieder in mir und ich fand dort einen erstaunlich tiefen Ruhepol. Mein Körper und mein Geist entspannte mich nun völlig und genoß einfach meinen schnellen
und fast wie schwerelosen Flug durch diese weiche Lufthülle unserer
geliebten Erde. Die Luft wurde dabei fast so fest wie Wasser, und
wiedermal fühlte ich mich von Mutter-Natur so getragen und geborgen
wie ein kleines Baby bei seiner Mama.
Die
fantastische weite Aussicht auf die tolle Berliner Seen-Landschaft
unter uns, das tiefdunkle Blau des unbefleckten Himmels über uns, und der
riesig weite und weiße Horizont der uns hier oben rings herum mit
vielleicht über hundert Kilometern Radius umgab, erzeugte ein
unermesslich großes Freiheitsgefühl im Außen. Dieses
war aber auch nur wie eine Spiegelung meiner inneren Freiheit. Eine
Freiheit von jeglichen Gedanken. Denn alle
Gedanken verebbten hier oben, vielleicht
wurden sie vom starken Gegenwind einfach davongeweht, und das ewige Jetzt des Augenblicks erfüllte
mal wieder völlig meine Gegenwart. Alles hätte gerne genau so
weitergehen können bis ans Ende aller Zeit.
Doch
das zufriedene Lächeln auf meinen Lippen wurde jetzt von einem
weiteren Schulterklopfen vom Piloten Wolf und einem Ruck an den
Gurten unterbrochen, als sich nun unser Fallschirm über uns öffnete.
Die kostbaren 50 Sekunden des freien Falls waren leider auch schon
wieder vorbei. Unsere Flug-Gefühl wechselte jetzt von “dicker
freier Vogel” zu “schwerer gefesselter Sack”. Da hingen wir
nun, in unserem dicken Seilzeugs und waren wieder der krassen
Schwerkraft dieses Planeten ausgesetzt, die uns die Gurte jetzt
wieder in die Schenkel hinein presste.
Nun
begann ein recht flotter Gleitschirmflug, was ich ja selber noch sehr
gut aus den alten Tagen in meiner Erinnerung habe. Hier fühlte ich
mich in der Luft schon wieder ganz wie Zuhause. Ein paar sanft
geflogene Kurven und die netten Zentrifugalkräfte gaben mir das
bekannte schöne Gefühl vom Gleitschirmfliegen zurück. Die Augen
suchten instinktiv schon nach dem Landeplatz, versuchten mit Hilfe
unseres Schattens auf der Erde die restliche Höhe zu erahnen, und
mein Gehirn berechnete schon wieder automatisch und ganz fieberhaft
den idealen Landeanflug. Nur dass der Fallschirm natürlich sehr viel
schneller sinkt und im Gegensatz zum Gleitschirm sogar in seiner
Flugbahn nach unten auch sehr gut steuerbar ist. Kurz vor der Landung
wird hier dann noch mal richtig Gas nach unten gegeben, um etwas mehr
Geschwindigkeit zu bekommen, die dann für genügend Gegen-Luft im
Schirm und ein gutes Abbremsen bei der Landung gebraucht wird.
Wir
landeten so ganz sanft auf dem Popo auf der grünen Wiese.
Schutz-Brille ab, Mütze runter, Gurte los und dann gleich mal wieder
die Beine ausprobieren. Dann gar nicht so wackelig, wie zuerst
vermutet, der dort wartenden Familie entgegen, die dort eifrig
Fotografierten. Noch immer mit diesem Lächeln im Gesicht das einem
die 50 Sekunden freier Fall geschenkt hatte, und das mir auch bis
heute noch übers Gesicht wandert, wenn ich nur daran denke.
Ich
wäre sofort wieder ins Flugzeug eingstiegen und wäre am liebsten
gleich nochmal gesprungen, wenn´s nicht gar so teuer wär. Keine
Frage, es ist etwas was einen wirklich süchtig machen kann.
So
richtig wie fallen fühlt sich das nämlich gar nicht an. Es ist nur
am Anfang in den ersten Sekunden aus dem Flugzeug heraus ein reines
Fallen. Denn wenn man seine Fallgeschwindigkeit einmal erreicht hat,
ist es eher so, als würde einen die Luft tragen, und als schwebte
man wie eine Feder wieder zu boden, wenn auch nicht ganz so galant
und etwas schneller wie eine solche. Man fühlt sich dabei jedendoch
genauso leicht und genauso klein wie eine Feder.....
Beim
“Wiedereintritt” in diese überaus zärtliche blaue Lufthülle
dieses riesigen, schweren Planeten Erde.
Einmal
vom Himmel zu fallen, das sollte nicht nur den Meistern überlassen
werden, die am Ende ja dann doch immer keine sind. Es ist schön,
dass es heutzutage jedem frei steht diese Erfahrung machen zu können.
Ich kann jedem nur empfehlen davon auch einmal Gebrauch zu machen. Es
war mit Sicherheit eines der geilesten Erlebnisse meines (neuen)
Lebens, und war somit auch ein weiter Meilenstein meiner Gensung nach
meinem GBS das jetzt bald schon 4 Jahre her ist.
Und ich scheine ja damit auch wirklich nicht der einzige zu sein. Die ganze Menschheit setzt ihr überleben täglich aufs Spiel. Verdrängt überall das sogennante Restrisiko und baut noch immer Atomkraftwerke, provoziert Kriege, spielt mit Gentechnik herum, stürzt sich in den Straßenverkehr und isst frech-fröhlich hormonbehandeltes Fleisch von lebenslang gequälten Tieren.....
Was soll man da noch sagen, es hat mich wohl irgendwie mitgerissen, gepackt, Und ich hab diese Liebe zu mir selbst und zu der Schöpfung vielleicht einfach wieder vergessen, die ich damals so deutlich in mir spürte. Diese kostbare Heiligkeit des Lebens, die ich so hautnah erlebte, als es mir fasst aus meinen Fingern entglitt.
Aber
ein bischen wunderte ich mich selbst auch ein wenig so im
Nachhinein.
Ich hab mich dann nämlich wieder an meine Gedanken erinnert, die ich damals im Krankenhaus hatte, als ich so sterbenskrank war. Ich dachte dass ich nie wieder mein Leben aufs Spiel setzten würde, sollte ich je einmal wieder völlig gesund werden. Mir war das Leben selbst und meine Gesundheit damals plötzlich so überaus kostbar geworden. Und jetzt wo sie einem schon wieder so ganz normal und als natürlich gegeben vorkommt, setzt man sein Leben und seine Gesundheit wieder so gerne und fast schon leichtsinnig aufs Spiel:
Ich hab mich dann nämlich wieder an meine Gedanken erinnert, die ich damals im Krankenhaus hatte, als ich so sterbenskrank war. Ich dachte dass ich nie wieder mein Leben aufs Spiel setzten würde, sollte ich je einmal wieder völlig gesund werden. Mir war das Leben selbst und meine Gesundheit damals plötzlich so überaus kostbar geworden. Und jetzt wo sie einem schon wieder so ganz normal und als natürlich gegeben vorkommt, setzt man sein Leben und seine Gesundheit wieder so gerne und fast schon leichtsinnig aufs Spiel:
Ich
fahre Motorrad, ich gehe in die Wüste, ich wandere auf hohe Berggipfel,
ich springe mit dem Fallschirm und esse auch manchmal gerne wieder
Gummibärchen....
Mann glaubt einfach die Gefahr einschätzen zu können, ja sie sogar wirklich gut genug beherrschen zu können und das scheinbar kleine Rest-Risiko einfach in Kauf nehmen zu können. Das Leben ist nun mal gefährlich und gerade doch auch deswegen oft so überaus spannend.
Mann glaubt einfach die Gefahr einschätzen zu können, ja sie sogar wirklich gut genug beherrschen zu können und das scheinbar kleine Rest-Risiko einfach in Kauf nehmen zu können. Das Leben ist nun mal gefährlich und gerade doch auch deswegen oft so überaus spannend.
Und ich scheine ja damit auch wirklich nicht der einzige zu sein. Die ganze Menschheit setzt ihr überleben täglich aufs Spiel. Verdrängt überall das sogennante Restrisiko und baut noch immer Atomkraftwerke, provoziert Kriege, spielt mit Gentechnik herum, stürzt sich in den Straßenverkehr und isst frech-fröhlich hormonbehandeltes Fleisch von lebenslang gequälten Tieren.....
Was soll man da noch sagen, es hat mich wohl irgendwie mitgerissen, gepackt, Und ich hab diese Liebe zu mir selbst und zu der Schöpfung vielleicht einfach wieder vergessen, die ich damals so deutlich in mir spürte. Diese kostbare Heiligkeit des Lebens, die ich so hautnah erlebte, als es mir fasst aus meinen Fingern entglitt.